Rückblick: Das war der Wohlfahrtsfonds 2023

Der Wohlfahrtsfonds kann auf ein produktives Jahr 2023 zurückblicken, denn wo viele Rädchen ineineindergreifen, da tut sich viel. Ärzt*in für Wien hat beim Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses, Michael Lazansky, und dem 2. Stellvertreter, Stephan Ubl, nach den bedeutendsten Ereignissen im vergangenen Jahr gefragt.

Ärzt*in für Wien: Können Sie sich kurz vorstellen? Wie lange sind Sie schon Mitglied im Verwaltungsausschuss?

Lazansky: Mein Name ist Michael Lazansky und ich bin als Facharzt für Psychiatrie in der Klinik Favoriten sowie in einer Ordination im 9. Bezirk tätig. Im Mai 2022 wurde ich für die aktuelle Funktionsperiode zum Vorsitzenden gewählt. Mitglied im Verwaltungsausschuss bin ich allerdings schon seit dem Jahr 2012, damals noch in einer einfachen Funktion. Die Begeisterung für diese Materie hat mich früh gepackt, da es zu den wenigen Dingen gehört, bei denen Funktionäre oder Funktionärinnen tatsächlich Kontrolle ausüben können.

Ubl: Ich bin Stephan Ubl, Facharzt für Radiologie in der Klinik Donaustadt und wie Michael bin ich seit zwölf Jahren im Verwaltungsausschuss aktiv. Von Beginn an war meine Motivation, den Wohlfahrtsfonds attraktiver, informativer und allgemein akzeptierter zu gestalten. Mein erster Motivationsgrund war ja eigentlich eine Unzufriedenheit mit dem Wohlfahrtsfonds, da viele Informationen teilweise unvollständig waren oder nicht verlässlich. Ich bin mit einer gewissen Wut, aber auch mit Hoffnung auf Optimierung und Verbesserung dort hineingegangen, weil immer schimpfen und dann nichts tun, ist nicht meine Art.

Ärzt*in für Wien: Wie beurteilen Sie den Wohlfahrtsfonds und dessen Wahrnehmung aktuell?

Ubl: Ich hoffe, dass er nach außen hin transparenter geworden ist und die Mitglieder sich besser auskennen. Ich denke, dass sich der Wohlfahrtsfonds in den letzten zehn Jahren so entwickelt hat, dass man heute sagen kann, unsere Pensionen sind realistisch und gesichert. Ich bin auch davon überzeugt, dass der Wohlfahrtsfonds bei genauerer Betrachtung ein Produkt ist, das einem auch gefallen kann. Man zahlt nicht nur, sondern profitiert auch davon.

Lazansky: Wir arbeiten daran, den Wohlfahrtsfonds geerdeter zu machen. Er sollte nicht in politischen Intrigen oder Machtspielen enden, sondern vielmehr als Instrument dienen, das Mitgliedern eine Zukunftsvorsorge bietet. Für mich steht im Mittelpunkt, dass der Fonds dazu da ist, das Risiko von Krankheit oder im Alter abzusichern – das ist mir besonders wichtig.

Ärzt*in für Wien: Blicken wir auf das Jahr 2023: Welche Entwicklungen waren für Sie die herausragendsten?

Lazansky: Für mich persönlich markiert die bedeutendste Entwicklung die Situation unserer Kolleginnen und Kollegen im Alter von 65 Jahren, die das Regelpensionsalter des Wohlfahrtsfonds erreicht haben, sich jedoch noch fit und vital fühlen und weiterhin arbeiten möchten. Bisher war es so, dass die Inanspruchnahme der Wohlfahrtsfondspension daran gebunden war, dass Kassenverträge oder Anstellungsverträge zurückgelegt werden mussten. Ein Weiterarbeiten in der Pension war bis jetzt nur als Wohnsitzärztin, Wohnsitzarzt, Wahlärztin oder Wahlarzt möglich.

Durch umfassende Dialoge im Vorjahr mit allen Beteiligten haben wir jetzt den lange an uns herangetragenen Wunsch umgesetzt, dass ein Weiterarbeiten in der Pension auch unter Beibehaltung von Kassenverträgen und im Angestelltenverhältnis möglich ist. Diese positive Neuerung ist seit dem 1. Jänner 2024 in Kraft.

Michael Lazansky: „Für mich steht im Mittelpunkt,

dass der Fonds dazu da ist, das Risiko von Krankheit

oder im Alter abzusichern – das ist mir besonders wichtig.“

Ubl: In dieser Funktionsperiode ist besonders interessant, dass wir ein Team haben, das wahrscheinlich so jung in der Zusammensetzung des Verwaltungsausschusses ist wie nie zuvor. Aber genau dieses Team hat sich intensiv mit den Belangen der Pensionen auseinandergesetzt. In Anbetracht der anhaltend hohen Inflation war es unser besonderes Anliegen, die Pensionen in diesem Jahr deutlich zu erhöhen – nicht bloß um wenige Prozentpunkte wie in den Vorjahren.

Wir haben darauf geachtet, dass der Fonds attraktiv ist, indem wir sicherstellten, dass das eingezahlte Geld an Wert gewinnt, nicht nur für die Pensionistinnen und Pensionisten, sondern für jede und jeden Einzelnen. Zudem haben wir 2023 auch eine erstmalige Erhöhung der Pensionsleistung für Witwen und Witwer erarbeitet. Ein weiterer wichtiger Punkt im vergangenen Jahr war unsere verstärkte Investition in Immobilienprojekte. Wir haben viel Energie und Zeit in die Entwicklung unserer Liegenschaften gesteckt, was dazu führen soll, dass das eingesetzte Kapital weiterhin an Wert gewinnt und den Pensionsfonds noch attraktiver macht – ein Ziel, das uns auch in den kommenden Jahren beschäftigen wird.

Lazansky: Wir haben es geschafft, zwei Bereiche deutlich aufzuwerten: Den Bauausschuss und den Anlageausschuss. Gerade im Hinblick auf Immobilien sollten wir uns als Funktionärinnen und Funktionäre bewusst darüber werden, welchen wertvollen Schatz wir im Sinne unserer Zukunftsvorsorge aufgebaut haben. Die Immobilien sind quasi das Fundament für das, was wir in der Zukunft auszahlen möchten. Die verstärkte Beteiligung der Funktionärinnen und Funktionäre an der Entwicklung dieser Immobilien war im Bauausschuss besonders spürbar.

Wir haben uns vor Ort die Möglichkeit gegeben, diese Immobilien wirklich zu begreifen, zu besichtigen, und im Rahmen dessen ist es viel einfacher geworden zu verstehen, was wir eigentlich wollen. Im Gremium gibt es jetzt eine deutlich höhere Expertise und ein tiefergehendes Verständnis, auch in der Sitzungsvorbereitung. Hier können wir sicher sein, dass wir alle gemeinsam wissen, was wir tun. All diese Dinge, auch die, die nebenbei passieren, führen letztendlich zu der größten Pensionsanpassung, die der Wiener Wohlfahrtsfonds je erlebt hat. Trotz vieler Warnungen und Bedenken haben wir abgewogen und sind zu einer Pensionserhöhung gekommen, die sowohl die langfristige wirtschaftliche Stabilität als auch die kurzfristige für die Pensionistinnen und Pensionisten berücksichtigt. Die Grundpension wurde für 2024 um 7,6 Prozent, der Richtbeitrag für Beitragszahlungen um 5 Prozent erhöht.

Dies haben wir aufgrund der soliden Basis und dem umsichtigen Agieren des Fonds geschafft. Daher geht ein Dank an alle, die dazu beigetragen haben. Das System ist nicht darauf ausgelegt, eine sehr hohe Inflation dauerhaft zu kompensieren. Aber für die aktuell außergewöhnliche Situation konnten wir diese Maßnahme ergreifen und darauf bin ich stolz.

Ubl: Man muss wirklich betonen, dass wir hier von einem Fonds sprechen, der sich ausschließlich aus den Beiträgen seiner Mitglieder finanziert und ohne äußere finanzielle Zuwendungen auskommt.
Es ist uns nicht möglich, willkürlich eine bestimmte hohe Zahl zu nennen, um jedem eine wesentlich höhere Rente zu versprechen. Vielmehr gehen unseren Entscheidungen vielen Sitzungen mit Fachleuten wie Versicherungsmathematikerin voraus. Unser Ziel ist es jedoch immer, unseren Mitgliedern maximal zurückzugeben.

Ärzt*in für Wien: Welche Herausforderungen gab es und wie wurden diese bewältigt?

Lazansky: Außergewöhnliche Herausforderung im Jahr 2023 war mit Sicherheit die Rechnungshofprüfung, die im ersten Halbjahr durchgeführt wurde. Obwohl wir das Ergebnis noch nicht, wie erhofft, zum Ende des Jahres vorliegen hatten, blicke ich diesem zuversichtlich entgegen. Die ersten Rückmeldungen deuten darauf hin, dass etwaige Kritikpunkte nicht fundamental ausfallen werden.

Ein weiteres Anliegen betraf den Beschluss der Erweiterten Vollversammlung, eine mögliche Auflösung des Wohlfahrtsfonds zu prüfen. Es gab Kritik von verschiedenen Seiten, die die Notwendigkeit des Fonds in Frage stellten. Diesem Auftrag sind wir ernsthaft nachgegangen, indem wir ein unabhängiges Rechtsgutachten eingeholt haben. Die Ergebnisse wurden der Erweiterten Vollversammlung am 12. Dezember 2023 vorgestellt und werden allen Mitgliedern noch im Jänner zugänglich gemacht. Das Gutachten zeigte deutlich, dass eine Auflösung mit vielen komplexen Maßnahmen verbunden wäre und sowohl finanzielle als auch rechtliche Risiken unverhältnismäßig hoch wären. In Anbetracht dessen haben wir uns im Verwaltungsausschuss darauf verständigt, das System so zu stärken, damit es nicht als bloße Beitragslast empfunden wird, ähnlich einer Steuer, über die man sich nur ärgert. Letzten Endes gibt es ja einen Return of Investment und den möchten wir möglichst sicher gestalten. Unser Ziel ist es, dieses System in den kommenden Jahren weiter zu vereinfachen und transparenter zu gestalten.

Ärzt*in für Wien: Der Wohlfahrtsfonds bleibt also in seiner bestehenden Form?

Lazansky:  Ja, eine Auflösung würde zu viele komplexe Maßnahmen erfordern und die einzige realistische Chance, dies über einen Zeitraum von 70 und mehr Jahren zu bewerkstelligen, ist äußerst ungünstig. Juristen und Verfassungsrechtler haben uns hier maßgebliche Informationen bereitgestellt und auch betont, dass eine singuläre Betrachtung des Bundeslands Wien nicht möglich ist. Vertrauensschutz, Verhältnismäßigkeit und Gleichbehandlung sind wichtige Aspekte im Rechtssystem und müssen hier alle mitberücksichtigt werden. Es ist schwierig, jemandem im Vertrauen zu versichern, dass er am Ende des Arbeitslebens etwas erhalten wird, um dann plötzlich die Pension zu kürzen und zu sagen: „Pech gehabt.“ Auch die Idee, einer Überführung des Fonds in die Sozialversicherung wäre kontraproduktiv, da unsere Berufsgruppe dort bereits die Höchstgrenze erreicht. Das bedeutet, dass eine höhere Einzahlung dort nicht zu einer entsprechend höheren Auszahlung führen würde.

Ubl: Was wir versuchen zu sagen – Wohlfahrtsfonds abschaffen? Unterhalten wir uns darüber! Wir wollen uns der Realität stellen, werden es aber nicht weiterverfolgen, weil es erstens nicht nur in Wiener Hand liegt und wie gesagt viele Nachteile für die Mitglieder mit sich bringen würde.

Eine weitere Herausforderung 2023 betraf, die Zugänglichkeit für Mitglieder zu optimieren: Aktive Anrufe bei auftretenden Problemen und die Zusammenarbeit mit der Concisa zur Verbesserung der Services. Ein Thema, das mir auch am Herzen liegt, ist die geplante Einführung eines digitalen Wohlfahrtsfonds-Kundenportals, um beispielsweise Mitgliedern modernere Optionen für die Einbringung der Einkommensunterlagen anzubieten. Sämtliche Anträge sollen künftig über dieses Kundenportal abgewickelt und Informationen besser zugänglich gemacht werden.

Lazansky: Eine aktuelle Herausforderung, der wir uns stellen, ist die Digitalisierung. Wir haben dieses Kundenportal im Jahr 2023 vorbereitet und konsequenterweise haben wir viel Zeit in die Erarbeitung eines modernen Kundenportals investiert. Viele Workshop-Gruppen, ein agiles Projektmanagement, Einbeziehung von Stakeholdern, Analyse von Prozessen. Durch eine IST-Analyse haben wir Dinge hinterfragt, die wir bis jetzt nie hinterfragt haben. Die Ergebnisse dienen als Grundlage für die Programmierung und Umsetzung dieses Onlineportals im laufenden Jahr. Eine kleine Neuerung, die bereits jetzt sichtbar ist, betrifft die Neugestaltung unseres Logos. Das ist eine kleine Änderung, es ging dabei darum, Geschlechtergerechtigkeit und Diversität abzubilden.

Ärzt*in für Wien: Sie haben jetzt schon die Digitalisierung genannt. Gibt es noch weitere Ziele und Pläne für 2024. Oder darüber hinaus?

Ubl: Im Vorsitzendenteam, welches auch die Zahnärztekammer einschließt, haben wir uns dafür ausgesprochen, die momentane Beitragsstaffel zu vereinfachen. Dabei ist das Ziel, keine Beitragserhöhungen zu verursachen, ausgenommen die jährliche Richtwertanpassung. Wir werden außerdem sicherstellen, dass der Wohlfahrtsfonds keinerlei Gefahr läuft, in eine finanzielle Schieflage zu geraten. Mehr Pension fürs Geld, mehr Leistung fürs Geld, ist einer unserer Grundsätze. Konkret werden wir die nächsten Monate und Jahre damit verbringen, unsere Immobilien weiter auszubauen, zu optimieren, oder auch zu gestalten. Ich glaube, dem ganzen Vorsitzendenteam ist es wichtig, die Lebbarkeit, die Information und die Transparenz im Fonds mehr und mehr auszubauen.

Neu ist seit 1. Jänner auch die Einstellung des farbigen Erklärungsformulars zur Ermittlung der Beitragshöhe von Wohlfahrtsfonds und Kammerumlage. Es müssen ab diesem Jahr lediglich die Einkommensunterlagen wie die monatlichen Lohnabrechnungen oder das Jahreslohnkonto des Dienstgebers beziehungsweise der Einkommensbescheid an die Concisa übermittelt werden.

Stephan Ubl: „Mehr Pension für´s Geld, mehr Leistung für´s Geld, ist einer unserer Grundsätze.“

Lazansky: Das Ziel ist, unser Beitragssystem zukunftsfit zu gestalten. Dabei möchten wir besonders darauf achten, wie wir den Kolleginnen und Kollegen in Ausbildung entgegenkommen können. Nachholbedarf besteht bezüglich Informationen zu unserer Veranlagung, dazu werden im laufenden Jahr weitere Informationen folgen, auch in Zusammenarbeit mit unserem Finanzdienstleister FERI Trust und der Finanzdirektion. Intern dürfen sich die Funktionärinnen und Funktionäre im Verwaltungsausschuss auf neue technologische Möglichkeiten freuen, die den Zugang zu tieferen Informationen eröffnen werden.

Ubl: Ich denke, wir haben das Prozessmanagement und die Strukturierung der Abläufe verbessert, indem wir strengere Richtlinien und transparente Verfahren für das Kammeramt und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter implementiert haben. Dadurch möchten wir vermeiden, dass Entscheidungen scheinbar im Kaffeehaus getroffen werden.

Lazansky: Ja, du sagst das Wichtigste an dem Ganzen. Abläufe wurden professionalisiert und mehr Personen in die Entscheidungen eingebunden. Wir haben das gesamte Team der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das innerhalb der Kammer für den Wohlfahrtsfonds tätig ist, neu strukturiert und so ein echtes „Arbeitsteam Wohlfahrtsfonds“ geschaffen. Das stärkt unsere Verwaltung für ein besseres Ergebnis.

Fotos: Stefan Seelig