Im Dialog mit einer Steuerexpertin

Frau Mag.a Iris Kraft-Kinz ist bereits seit 33 Jahren als Steuerberaterin, mit einem speziellen Fokus auf (Zahn)Ärzte und (Zahn)Ärztinnen, tätig. Im Gespräch gewährt sie interessante Einblicke in die steuerlichen Aspekte der medizinischen Branche und legt die steuerrechtlichen Vorteile des Wohlfahrtsfonds offen.

Von Nadina Nakicevic

Ärzt*in für Wien: Sie sind seit vielen Jahren als selbstständige Steuerberaterin speziell für (Zahn)Ärzte und (Zahn)Ärztinnen tätig. Warum haben Sie sich auf diese Branche spezialisiert?

Mag. Kraft-Kinz: Ich habe ein bisschen eine familiäre Affinität angeheiratet, mein Schwiegervater war Herzchirurg. Die zweite Anbindung war eigentlich ein Zufall. Ich war für eine international große Steuerberatungskanzlei tätig und ein ehemaliger Kollege hat das Angebot bekommen, eine auf (Zahn)Ärzte und (Zahn)Ärztinnen spezialisierte Kanzlei zu kaufen Wir haben diese dann schließlich gekauft und übernommen, so ist die MEDplan entstanden.

Ärzt*in für Wien: Welche Unterschiede aus steuerlicher Sicht denken Sie gibt es in der medizinischen Branche im Gegensatz zu anderen Branchen?

Mag. Kraft-Kinz: Da gibt es eine Besonderheit und zwar agieren (Zahn)Ärzte und (Zahn)Ärztinnen als sogenannte Einnahmen-Ausgaben-Rechner. In § 4 Absatz 3 des Einkommensteuergesetzes (EstG) heißt es, dass immer nach Zufluss-Abfluss besteuert wird. Die Einnahmen werden grundsätzlich in jenem Jahr besteuert, in dem sie zufließen, die Ausgaben grundsätzlich in jenem Jahr abgezogen, in dem sie abfließen. Und es gibt hier keine Obergrenzen beim Umsatz. Dieses Prinzip wird also auch bei (Zahn)Ärzten und (Zahn)Ärztinnen, die fünf Millionen Euro verdienen, angewandt. Das gibt es im freiberuflichen Bereich speziell nur für (Zahn)Ärzte und (Zahn)Ärztinnen. Durch diese Regelung herrscht eine gewisse Flexibilität hinsichtlich der Gewinnverlagerungen in das nächste Jahr. Im Gegensatz dazu müssen andere Branchen ab einer gewissen Größenordnung bilanzieren und das bereits bei unter einer Million Euro Umsatz. Sonst gilt für (Zahn)Ärzte und (Zahn)Ärztinnen dasselbe Einkommensteuerrecht wie für alle anderen.

Ärzt*in für Wien: Der Wohlfahrtsfonds erwähnt des Öfteren steuerrechtliche Vorteile für (Zahn)Ärzte und (Zahn)Ärztinnen. Welche besonderen steuerlichen Vorteile sehen Sie für (Zahn)Ärzte und (Zahn)Ärztinnen im Vergleich zu anderen Berufsgruppen im Zusammenhang mit ihrer Alters- und Hinterbliebenenvorsorge?Mag. Kraft-Kinz: Der steuerliche Vorteil liegt darin, dass es sich aufgrund des Pflichtbeitrages um eine Betriebsausgabe handelt. Das heißt, (Zahn)Ärzte und (Zahn)Ärztinnen erhalten die Hälfte wieder vom Staat in Form der Steuerersparnis zurück. Man hat eine zweite Säule für die Pensionsvorsorge, die man bei der Steuer abziehen kann. So kann also eine Zusatzpension angespart werden, die andere Berufsgruppen aus ihrem versteuerten Gewinn machen müssen.

Ärzt*in für Wien: Welche Unterschiede aus steuerlicher Sicht gibt es beim „normalen“ Gewinn einer Pensionskasse im Vergleich zum Gewinn, den der Wohlfahrtsfonds erwirtschaftet?

Mag. Kraft-Kinz: Die Einzahlung ist steuerlich voll absetzbar, das bedeutet eine 50-prozentige Steuerersparnis. Das existiert bei der Einzahlung in einen anderen Pensionsfonds nicht. Außer bei der Mitarbeitervorsorgekasse, das sind aber geringere Beträge. Wenn man eine zweite Säule mit Anleihen, mit einem wirklich schönen Pensionsfonds ansparen möchte, dann zahlt man das mit versteuertem privatem Geld. Also ist es eigentlich doppelt so teuer.

Außerdem wird die dann zufließende Pensionsleistung mit einer geringeren Steuerklasse als während der aktiven Erwerbstätigkeit versteuert, da sich nach Pensionseintritt das steuerpflichtige Einkommen meist verringert.

Ärzt*in für Wien: (Zahn)Ärzte und (Zahn)Ärztinnen müssen dem Wohlfahrtsfonds für die Berechnung des Fondsbeitrages Einkommensunterlagen wie Einkommensteuerbescheide, monatliche Lohnabrechnungen bzw. das Jahreslohnkonto übermitteln. Wo beziehungsweise wie erhält man diese Unterlagen?

Mag. Kraft-Kinz: Den Einkommensteuerbescheid erhält man über das Finanzamt, die monatlichen Lohnabrechnungen sowie das Jahreslohnkonto über den Dienstgeber oder die Dienstgeberin, die diese Unterlagen bis Ende Jänner des folgenden Jahres an das Finanzamt übermitteln müssen. Zugriff hat man auf die Unterlagen über Finanzonline und über die jeweilige Steuerberatungskanzlei.

Ärzt*in für Wien: Lassen Sie uns das Thema rund um steuerliche Dokumente etwas vertiefen. Was ist der Einkommensteuerbescheid und wie erhält man diesen?

Mag. Kraft-Kinz: Der Einkommensteuerbescheid ist sozusagen die „definitiv machende“ Einkommensteuererklärung. Einmal im Jahr wird die Einkommensteuererklärung gemacht, das Steuerjahr dabei ist immer der 1.Jänner bis zum 31.Dezember. Darin werden alle Einnahmen, alle Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit und aus einem Angestelltenverhältnis, Vermietungen et cetera angeführt. Alle Ausgaben werden dann abgezogen und das Ergebnis stellt das Einkommen dar. Im Anschluss wird die Steuer berechnet und all dies ist dann gesammelt im Einkommensteuerbescheid, welcher von der Finanzbehörde erstellt wird, auf mehreren Seiten ersichtlich. Bei der Aufstellung im Einkommensteuerbescheid sind die verschiedenen Einkommensgruppen, wie die Steuer berechnet wird, welche Absetzbeträge man hat und welche Vorauszahlungen zu tätigen sind, angeführt. Dies ist sozusagen das jährliche Siegel des Finanzamts auf die Einkommensteuererklärung.

Ärzt*in für Wien: Und wo ist dieser zu finden? Gibt es hierfür eine Plattform?

Mag. Kraft-Kinz: Der Einkommensteuerbescheid wird über Finanzonline beziehungsweise im digitalen Postfach bereitgestellt. Wenn von den Klienten und Klientinnen eine Postzustellvollmacht erteilt wurde, erhält diesen der Steuerberater oder die Steuerberaterin direkt.

Ärzt*in für Wien: Ist dafür ein*e Steuerberater*in nötig?

Mag. Kraft-Kinz: Grundsätzlich nein. Im Angestelltenbereich mit zum Beispiel Sonderklassegeldern oder Vertretungen empfehle ich den (Zahn)Ärzten und (Zahn)Ärztinnen oft, dass sie die Einkommensteuerklärung selber machen. Bei Ordinationen kenne ich niemanden, der das selber macht und keinen Steuerberater oder keine Steuerberaterin hat.

Ärzt*in für Wien: Was ist eine Steuererklärung und ab welchem Betrag benötigt man diese?

Mag. Kraft-Kinz: Im Grunde ist es so, dass ab dem Moment, ab dem neben der Angestelltentätigkeit noch zusätzlich etwas verdient wird, eine Steuererklärung nötig ist. Das ist bei den meisten (Zahn)Ärzten und (Zahn)Ärztinnen der Fall, weil sie Sonderklassegelder erhalten. Dann ist ein Wechsel von der Arbeitnehmerveranlagung in die Einkommensteuererklärung nötig. Die Grenze liegt hier bei 730,00 Euro Gewinn pro Jahr und dieser Betrag ist meist schnell erreicht.

Ärzt*in für Wien: Welche Dokumente benötigen Sie in der Regel von Ihren Mandanten und Mandantinnen, um ihre Steuererklärungen zu erstellen?

Mag. Kraft-Kinz: Die Lohnzettel, etwaige Spenden und sonstige Ausgaben werden bereits über Finanzonline gemeldet. Wir selbst benötigen natürlich alle Belege, die Einnahmen- sowie die Ausgabenbelege, hier erfolgt die Übermittlung mittlerweile meistens digital. Weiters benötigen werden Verträge wie Mietverträge, Leasingverträge, Kaufverträge und Kreditverträge. Für die Anmeldung unserer Mandanten und Mandantinnen benötigen wir außerdem eine Passkopie und einen Meldezettel. Das Formular zu den Geldwäscherichtlinien muss auch ausgefüllt werden, unter anderem die Angabe über das Herkunftsland des Klienten oder der Klientin, welche Staatsbürgerschaft diese besitzen, ob es sich um eine politisch exponierte Person handelt und so weiter.

Ärzt*in für Wien: Was ist in Wien beim Bezug von Sonderklasse-Gelder zu beachten?

Mag. Kraft-Kinz: Wien hat hier eine interessante Regelung und zwar, dass Sonderklassegelder immer Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind, dies gilt für alle (Zahn)Ärzte und (Zahn)Ärztinnen. Deswegen sind diese immer selbst in der Einkommensteuererklärung anzugeben. Die Meldung ist verpflichtend und stellt sozusagen eine Bringschuld gegenüber dem Staat und der Behörde dar, da die Sonderklassengelder nicht automatisch versteuert werden.

Ärzt*in für Wien: Wie werden die Leistungen des Wohlfahrtsfonds wie zum Beispiel Invaliditätsversorgung, Altersvorsorge und Teilleistung versteuert?

Mag. Kraft-Kinz: Die Leistungen sind in der Einkommensteuererklärung als Einnahmen anzugeben und sind dann voll steuerpflichtig.

Ärzt*in für Wien: Zum Schluss, noch eine letzte Frage: Existiert bei Steuerberatern auch ein Wohlfahrtsfonds?

Mag. Kraft-Kinz: Ja, bei Steuerberatern und Steuerberaterinnen existiert auch ein Wohlfahrtsfonds, dieser wurde allerdings deutlich später eingeführt. Ich glaube, dieser besteht noch nicht länger als 20 Jahre, da Steuerberatung ein neuer Freiberuf ist, diesen gibt es noch nicht so lange als getrennten freien Beruf. Früher waren Steuerberater und Steuerberaterinnen ein Teil der Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen. Auch bei uns ist die Einzahlung verpflichtend und die Regelungen sind ähnlich. Allerdings ist der Wohlfahrtsfonds für Steuerberater und Steuerberaterinnen nicht so ausgefeilt wie jener für (Zahn)Ärzte und (Zahn)Ärztinnen.

Fotocredit: Stefan Selig